Mit Golden Years legen die Herrschaften von Tocotronic ihr schon 14. Studioalbum vor. 14 Alben in 30 Jahren, das ist eigentlich ein guter Schnitt im Vergleich mit deutschen oder internationalen Kollegen. Zuletzt hatten die Hamburger ja 2022 ihr Nie Wieder Krieg veröffentlicht, dass natürlich von den Kritikern gefeiert wurde. Mit Platz 2 in den deutschen Alben-Charts (Platz 3 in Österreich) sind aber auch die Verkaufszahlen zufriedenstellend gewesen.
Golden Years also und wie immer bei Toctronic weiß man nicht so genau, wie das nun gemeint ist. Im Englischen steht der Begriff ja für die letzten Lebensjahre. Natürlich ist zu hoffen, dass es nicht das letzte Album von Tocotronic ist. Auch wenn tatsächlich grad ein Bandmitglied ausgefallen ist. Erst im Oktober wurde bekannt gegeben, dass sich Gitarrist Rick McPhail eine Auszeit von Band genommen habe, „aus gesundheitlichen Gründen“ und „auf unbestimmte Zeit“ wie es heißt; so ist er auch nicht auf den aktuellen Pressefotos, wo die Band nun als Trio posiert. Aber: bei den Aufnahmen zu Golden Years war McPhail noch mit an Board. Und so hat sich auch am Grundsound recht wenig geändert bei der Kultband, die mit dem neuen Longplayer beweisen, dass sie zwischen ruhig und lärmend so ziemlich alles draufhaben; und man es ihnen auch stets abkauft. Beim Song "Niedrig" beispielsweise kommt sogar ein gewisses Dub-Feeling auf.
Frontmann Dirk von Lotzow ist wohl der beste lebende deutsche Texter, das unterstreicht auch das neue Album wieder. Ein Werk, dass zudem mit jedem Mal wächst und das wie jede gute Kunst: aus unterschiedlichen Blickwinkeln auch unterschiedliche Rückschlüsse zu Tage fördert. Ein Album, das jedoch nicht aus der Zeit gefallen ist: so findet sich etwa mit „Denn Sie Wissen Was Sie Tun“ auch der obligatorische Polit-Song, bei dem Lowtzow diesmal recht eindeutig den Aufstieg der AfD anprangert.
Auf der anstehenden Tour sind Tocotronic auch in Österreich zu Gast: am 22. März in Wien. Die Show im ehrwürdigen Konzerthaus ist aber schon ausverkauft.